Von Menzenschwand zum Herzogenhorn
Wir parken etwas außerhalb von Menzenschwand, am Skilift. Und wäre hier nun nicht ein riesiger, zusammengeschobener Schneeberg vor unserer Windschutzscheibe, dann könnten wir sogar schon vom Auto aus weit hineinsehen, ins wunderschöne Krunkelbach-Tal. Ihm werden wir nun nämlich gleich folgen, um an seinem Ende dann steil zum Herzogenhorn aufzusteigen.
Schon beim Aussteigen schlägt uns ein eiskalter Wind ins Gesicht, es hat minus 17,0° C. Menzenschwand ist wirklich ein richtiges Kälte-Loch, aber gleichsam auch wunderschön: Hier kann man nämlich noch einen richtigen Hochschwarzwald-Winter erleben..!
Dann kommt das übliche angeschirren: Die Schneeschuhe müssen an die Füße. Claudia handtiert (in Fleecehandschuhen) schon wieder mit dem Kaffeelöffel, während ich mich (ohne Handschuhe) einfach beeile. Wen wundert’s, ich bin Erster – dafür fallen mir dann aber anschließend auch schier die Finger ab! Zum ersten Mal programmiere ich den Garmin daher mit den dicken GoreTex-Handschuhen und wundere mich selbst etwas darüber, dass das sogar funktioniert. Fingerspitzengefühl? Nein, ich glaube, ich habe gar keine Fingerspitzen mehr..!
Dann verstaue ich noch schnell den Autoschlüssel in Claudias Deckelfach am Rucksack und wir sind abmarschbereit.
Der Schnee knirscht ziemlich laut unter unseren Schneeschuhen, als wir noch schnell dem dick vereisten Schwarzwaldbrünnele am Rand des Parkplatzes einen Besuch abstatten. Ein deutliches Zeichen, für die extreme Kälte.
„Ist das nicht wunderschön..?, freut sich Claudia über das natürliche Eis-Monument. „Machst Du ein Foto..?“
Leise brummend ziehe ich den rechten Handschuh also noch einmal aus, um die Kamera herauszuholen, und komme damit ihrem Wunsch nach. Natürlich hat sie Recht: Das ist wirklich ein tolles Wintermotiv, aber anschließend spüre ich die Finger der rechten Hand dann endgültig nicht mehr! Ich habe sogar schon Probleme damit, nur den Handschuh wieder anzubekommen.
Inzwischen ist sie aber schon losgezogen und ich habe sogar kurz Mühe, ihr überhaupt zu folgen. Aber das bringt wenigstens den Kreislauf etwas auf Touren und tut mir daher gut, denn bei diesen herrlichen Bedingungen komme ich natürlich um’s häufige Fotografieren nicht herum. Immer wieder muss ich den Handschuh nun kurz ausziehen und nütze dazwischen dann auch jede Sekunde, um den Griff meines Wanderstockes, kräftig zu „kneten“..!
Der tiefverharschte Schnee ist heute ideal, um einfach „querfeldein“ zu gehen, so dass wir uns gar nicht weiter an den gewalzten Winterwanderweg halten müssen. Die Schneeschuhe sinken auch auf der Wiese kaum ein und das Gehen ist auch hier kräftesparend. Allerdings gilt es, stets die kleinen Bächlein zu erkennen, die Wiese hier durchziehen und sich oft unter der dicken Schneedecke verbergen. Über ihnen ist der Schnee nämlich – unter einer nur dünnen Harsch-Schicht – weich und pulvrig. Und tritt man da hinein, dann sinkt man oft ganz überraschend bis zu den Knien ein, was fast immer zu einem Sturz führt!
Langsam rücken die Wände des Krunkelbachtales dann näher zusammen, was dem Tal zunehmend den Charakter einer Schlucht verleiht. Vor allem die rechte Talseite ist recht beeindruckend. Und nachdem wir seinem gebogenen Verlauf etwas links herum gefolgt sind, erscheint vor uns endlich der Gipfel des Herzogenhorns vor einem wolkenlosen, tiefblauen Himmel.
„Als könnte er kein Wässerchen trüben..!„, schmunzelt Claudia fröhlich und ich muss ihr Recht geben. Man sieht von hier aus nämlich nur den oberen, freien Teil des Gipfels über die Baumwipfeln herausragen, was nur wenig beeindruckt. Dabei müssen wir bis dort hinauf aber nicht nur noch 500 Höhenmeter überwinden, sondern ihn zuvor auch noch im Süden umrunden. Nur so können wir von hier aus die gefährliche Lawinenschneise, auf seiner Nordostseite meiden!
Und Achtung: Vor dieser gewaltigen Schneewechte möchte ich hier eindringlich warnen: Man weiß nie, wann sie kommt! Aber irgendwann wird sie ganz sicher abgehen und dann sollte man sich tunlichst nicht in ihrer Falllinie aufhalten! Und wer diese Warnung nun vielleicht für übertrieben hält, der kann sich ja mal die Googlemap mit dem heutigen GPS-Track etwas genauer ansehen: Im Nordosten des Herzogenhorn-Gipfels sind darauf nämlich zwei weiße Flecken zu erkennen – die Reste genau dieser Lawine. Und dabei ist dieses Sateliten-Foto im Frühsommer(!) entstanden..! Die Schneemassen sind nach dem Abgang nämlich so stark kompriniert, dass sie immer erst Mitte/Ende Juni schmelzen. (Und unterliegt bitte nicht der Illussion, vor dieser Lawine vielleicht „weglaufen“ zu können, wenn sie über Euch abgeht!)
An einem dicken Baum finden wir dann die Wegweiser hinauf, in Richtung Herzogenhorn, Spießhorn und Krunkelbach-Hütte. Hier teilt sich der Weg und wir folgen dem Pfad, der links – beeindruckend steil – hinaufführt. Viele Spuren zeigen uns seinen Verlauf durch den Wald deutlich an: Von Skitouren-Gehern, Schneeschuh-Gängern, von ein paar Wanderern und natürlich auch von sehr viel Wild – man arrangiert sich eben im tiefen Schnee..!
Wir sind dann bald auch ordentlich am Pumpen und bleiben immer wieder stehen, um so neue Kraft zu sammeln, für die nächsten Höhenmeter.
Außer von uns selbst ist hier hinten nun nichts mehr zu hören. Selbst der Wind hat so weit hinten, im Krunkelbach-Tal, aufgegeben..!
Dann erreichen wir oben endlich den breiten Wirtschaftsweg, der uns links herum weiterführt. Hier tangieren wir nun den gesperrten Bereich des Naturschutz-Gebietes Feldberg, der im Winter als Rückzugsgebiet für das Wild dient. Die freigegebenen Wege sind im „Faltblatt Winterwege“ (Siehe Karte, zu erhalten im Haus der Natur, Feldberg) genau ausgewiesen. Aber wie uns die Ski-Spuren mal wieder zeigen, interessiert das leider nicht jeden..!
Wir ziehen über den breiten und tief verschneiten Wirtschaftsweg aufwärts und erreichen bald eine Abzweigung, in der rechts eine kleine, tief verschneite Schutzhütte liegt. Und wir nehmen ihre Einladung auch gerne an und erholen uns kurz mit einer Tasse heißen Tee von den Strapazen des Aufstiegs. Dann ziehen wir über einen schmalen Pfad weiter, der schon nach kurzer Strecke aber wieder auf einen breiten, gewalzten Winterwanderweg stößt. Er führt nun vollends hinüber, zur Krunkelbachhütte.
Da wir wissen, dass noch ein weiterer, kräftezehrender Anstieg vor uns liegt, sind wir darüber nicht böse. Es ist letztlich doch um einiges erholsamer, mal kurz auf der gewalzten Unterlage zu gehen, als ständig nur im tiefen Schnee zu stapfen. Denn davon werden wir heute wohl noch genügend unter die Lightnings bekommen.
Claudia hält es auf der Piste dann aber doch nicht lange aus: Wo die breite Autobahn im Sattel einen Knick nach rechts macht, kürzt sie durch den Tiefschnee ab und ich kann so noch ein paar tolle Fotos von ihr schießen. (Inzwischen habe ich natürlich längst warme Finger, obwohl die Temperatur kaum gestiegen sein dürfte!)
Dann sehen wir den weiterführenden Weg (gelbe Raute) über die rechte Schulter hinaufziehen und folgen ihr. Und hier solltet Ihr nun genau aufpassen, um Euch beim Nachwandern nicht zu verlaufen (GPS-Track!) und so der gefährlichen Lawinenschneise zu entgehen:
Schon nach kurzer Strecke führt uns ein weiterer Pfeil steil, links hinauf (nun blaue Raute mit weißem Strich!). Wir folgen hier einfach ganz konsequent dem Waldrand und werden schon nach kurzer Strecke erneut links herum, entlang einer kleinen, unscheinbaren Lichtung geführt (nicht geradeaus abkürzen!). Hier dem Waldrand nun unbedingt folgen, denn schon nach wenigen Metern zieht links ein unscheinbarer Waldweg hinüber, zu einem breiten, gewalzten Winterwanderweg, der uns nun in den ungefährlichen Westen des Herzogenhorn-Gipfels führt. (Diesen Weg müsst Ihr unbedingt finden, weil Euch die blaue Raute weiter aufwärts und damit geradewegs durch die Lawinenbahn führt!)
Der breitere Weg ist nun angenehm zu gehen und bringt Claudia ins Glück: An einer Aussichtsreichen Stelle sieht sie nämlich hinüber, bis an die Schweizer Alpen!
Dann erreichen wir die Westseite des Herzogehorns und dort den tiefverschneiten Wegweiser auf dem Bild rechts.
Claudia lacht: „Da musst Du Dich ja fast bücken, um zu sehen, wo’s weitergeht..!“
Und sie hat Recht, denn wenn man das Gelände vom Sommer her kennt, dann ist die Veränderung durch den tiefen Schnee schon recht beeindruckend..!
Der nun folgende Anstieg zieht uns dann endgültig die letzten Kraftreserven aus den Beinen und lässt uns schon bald von den breiten, gewalzten Winterwanderwegen träumen, die uns nachher wieder hinunter führen werden, zum Zeller-Lift.
Ich mache dem Spiel dann auch schon bald ein Ende und klappe einfach die Steighilfen meiner Lightnings aus, was eine enorme Erleichterung darstellt. Die Fersen müssen so nicht nun mehr jedesmal vom Schneeschuh – ganz unten – hochgestemmt werden, sondern ruhen jeweils bereits 10 Zentimeter oberhalb von ihm, auf dünnen Bügeln. Das Aufsteigen wird damit vergleichbar einem „Treppensteigen“!
Als Claudia sieht, wie ich plötzlich davon ziehe, tut sie es mir gleich und ist kurz darauf ebenfalls begeistert:
„Mann, ist das eine Erleichterung..!„, stößt sie zwischen zwei tiefen Atemzügen hervor.
Oben kommen wir dann ganz zwangsläufig wieder aus dem Lee und der eisige Wind von heute morgen läßt uns rasch die Kapuzen unserer Jacken hochziehen. Wir hatten ihn schon vergessen. Aber jetzt ist er wieder da und obwohl wir ihm überwiegend den Rücken zudrehen können, treibt er uns doch rasch wieder zum Abstieg.
Ein paar Fotos noch, und wir ziehen hinunter, in Richtung Leistungszentrum. Hier oben, am Gipfel ist nun eine breite, natürliche Schnee-Piste, die im Laufe der Zeit von unzähligen Skiern, Schneeschuhen und Wandererfüßen festgetreten wurde. Den Rest besorgt dann einfach der Wind: Er schmirgelt sie kontinuierlich glatt und eben.
So kommen wir dann auch gut voran und passieren schon kurz darauf die Gaststätte Herzogenhorn am Leistungszentrum. Da wir heute aber etwas später dran sind, ziehen wir direkt weiter. Unmittelbar hinter den Gebäuden führt uns ein breiter, gewalzter Winterwanderweg rechts herum hinunter, zum Zellerlift. Er steigt auf dem ersten Kilometer noch mal etwas an, führt dann aber kontinuierlich abwärts, so dass wir zügig unterwegs sind.
Irgendwann hält Claudia dann aber ruckartig an und macht mich auf die gefähliche Gipfelwechte, drüben am Herzogenhorn, aufmerksam. Von hier aus ist sie nun wirklich ganz deutlich zu sehen!
„So unscheinbar..!“, meint sie leise. „Und so gefährlich..!“
Sie hat Recht und wer genau hinsieht, der kann auch leicht erkennen, dass in der steilen Lawinenbahn nicht ein einziger Baum wächst. Und der Wanderweg mit der blauen Raute und dem weißen Strich führt genau unterhalb entlang..!
Dann ziehen wir weiter im Stechschritt abwärts. Der Weg ist hier eigentlich eine geteerte Straße, aber davon ist nun natürlich überhaupt nichts bemerken. Im Gegenteil, der Winterwanderweg ist sogar als Loipe hervorragend präpariert.
In einer Haarnadelkurve ist rechts ein dicker Baumstumpf mit einem wahren Schilderwald versehen, der hinüber leitet zur Ruckenhütte und über einen steilen Abstieg dann hinunter, zur Albschlucht.
Achtung: Dieser Weg führt durch eines der letzten Rückzugsgebiete der Auerwildbestände und ist daher im Winter gesperrt! Auch wenn Ihr hier immer Spuren derer seht, die dem zuwider gehandelt haben, richtige Schneeschuh-Wander sind Naturfreunde und halten sich an solche Schutzmaßnahmen!
Außerdem werden wir Euch nun eine alternativen Weg zur Ruckenhütte zeigen, der nicht nur schöner, sondern auch noch weniger anstrengend ist! Und er ist insgesamt nur 300m länger und hat gerade mal 6 Höhenmeter mehr!
Dazu ziehen wir nun aber erst mal vollends hinunter, zum Zellerlift am Waldrand. Hier folgen wir gleich der Liftspur steil, rechts hinunter. Unten am Lifthäuschen führt dann ein Waldweg geradeaus (wieder unsere blaue Raute mit dem weißen Strich), ein zweiter führt rechts in den Wald hinein. Diesem folgen wir nun ebenerdig und und über jungfräulichem Schnee. (Beide Wege sind für die Winterbegehung freigegeben und führen jeweils nach Menzenschwand!)
Nach dem langen, kontinuierlichen Abstieg zum Lift habe ich eigentlich insgeheim mit einem erneuten Anstieg, hinüber zur Ruckenhütte gerechnet. Statt dessen verläuft der traumhaft schöne Pfad jedoch ständig auf einer Höhe und immer im tief verschneiten Wald. Bald erreichen wir so die Ruckenhütte und kennen uns nun auch wieder aus, denn über diesen Weg sind wir auch schon einmal im Sommer zur Albschlucht abgestiegen.
Ich muss gestehen, bei dem Gedanken an diesen Abstieg habe ich dann auch einen kleinen Knoten im Bauch. Hoffentlich liegt dort im Wald genügend Schnee, damit die Schneeschuhe richtig greifen können, sonst werden wir Probleme bekommen! Claudia ist hingegen noch völlig ruhig, sie verlässt sich wieder mal nur auf mich.
An der Ruckenhütte ist der Schnee dann so hoch, dass sich Claudia sogar hinknien muss, um auf die Karte am Schilderbaum zu sehen.
Da wir den Weg aber nun wieder kennen, ziehe ich rasch weiter. Der Abstieg lässt mir einfach keine Ruhe, da das Albtal ein „Windloch“ ist. Und wenn wir in der steilen Halde keinen griffigen Schnee vorfinden, dann haben wir ein echtes Problem. Eventuell müssen wir dann vielleicht sogar bis zum Zellerlift zurück, um den anderen Weg nach Menzenschwand zu nehmen.
Darauf habe ich natürlich ebenfalls keine Lust und so ziehen wir zuerst einmal weiter abwärts. Bald spüren wir dann auch den Wind wieder, der ständig aus dem Tal heraufweht. Hier hat er bisher noch genügend Schnee zusammen geweht. So viel sogar, dass wir teilweise sogar ganz vorsichtig im tiefen Pulverschnee „abrutschen“ können. Ski-Fahren auf Schneeschuhen..!
Dann kommen wir aber an eine Stelle, wo ich den Weiterweg nur noch mit Hilfe des Garmin und der im Sommer aufgezeichneten Strecke finden kann. Und es ist natürlich genau der schon gefürchtete Übergang, in den steilen Waldhang.
Hier führt im Sommer ein schmaler Trampelpfad, – einem Wildwechsel ähnlicher, als einem Pfad – in wilden Serpentinen abwärts. Und von dem ist jetzt natürlich überhaupt nichts mehr zu sehen. Lediglich der Garmin zeigt mir noch, dass ich halbwegs auf dem „richtig“ bin.
Wie bereits befürchtet, hat der Wind hier den Schnee fast völlig „verblasen“, so dass wir die Schneeschuhe kontinuierlich am Hang „anlegen“ müssen. Das ist auf Dauer aber wahnsinnig anstrengend und bietet zudem auch nur sehr wenig Halt. Sollte hier einer von uns wegrutschen, oder gar stürzen, dann gibt es wahrscheinlich kein Halten mehr..!
Irgenwie bewältigen wir das Stück aber doch unbeschadet und sehen dann – im weiteren Abstieg – auf der anderen Talseite sogar noch zwei Hirsche am Waldrand stehen. Trotz dieser wunderschönen Belohnung, diesen Abstieg werden wir in diesem Winter nicht mehr wiederholen und können alle Schneeschuhfreunde auch nur inständig mahnen: Bitte seid vorsichtig..!
Vorbei am Menzenschwander Wasserfall ziehen wir dann noch vollends hinüber, zum Parplatz beim Ski-Lift. Und schon im Auto kündigt sich dann die Quittung für diese ungewohnte Muskelstrapatze bei mir an: Ein tierischer Muskelkater..!
Unser Fazit: Eine tolle Tour für routinierte Schneeschuh-Wanderer! Steiler Aufstieg erfordert einiges an Kondition und gutes Orientierungs-Vermögen – GPS dringend empfohlen! Lawinenspur unbedingt vermeiden! Vorsicht beim Abstieg ins Albtal: Gefährlich!
14, 2 Kilometer – 618 Höhenmeter im Anstieg – ca. 6 Std. – Einkehrmöglichkeit in Krunkelbach-Hütte und Gaststätte Herzogenhorn (Leistungszentrum).