Die Tränen des Laurentius
Die Nacht der Nächte steht bevor, die Nacht der „Perseiden“. Heute und morgen durchquert die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne nämlich wieder einmal die Spur des Kometen „109P/Swift-Tuttle“ und nimmt so dessen Hinterlassenschaften auf. Die Sandkörnchen treffen mit etwa 200.000 km/h (30 – 60 km pro sec.!) auf die Erdatmosphäre und verglühen dort dann als helle Sternschnuppen. Bis zu 100 pro Stunde soll man so sehen können..!
Dieses Himmels-Spektakel wollten wir eigentlich schon immer mal sehen, hatten bisher aber noch nie die Gelegenheit dazu. Es findet alljährlich zwischen dem 10. und 12. August statt und wird wegen dem Zusammenfallen der Sternschnuppen-Schauer mit dem Todestag des hl. Laurentius in Rom, manchmal auch als „Laurentius-Tränen“ bezeichnet. Das hat natürlich gerade hier am Feldberg eine ganz besondere Bedeutung, da hier alljährlich das „Laurentius-Fest“ begangen wird.
Nun wird das Schauspiel in diesem Jahr aber einmal in der Nacht von Samstag auf Sonntag stattfinden und der Wetterbericht verspricht dafür auch noch einen klaren Sternenhimmel. Da steht unsere Entscheidung natürlich schnell fest, die Frage ist nur noch: Wo gehen wir zur Beobachtung eigentlich hin..?
Möglichst wenig Licht-Smog wollen wir haben, und natürlichen einen klaren, dunstfreien Himmel über uns!
„Lass uns doch einfach auf den Feldberg gehen..!„, schlägt Claudia spontan vor und meint damit natürlich nicht die offizielle Beobachtungs-Veranstaltung auf dem alten Fernsehturm, am Seebuck. Nein, wir möchten gerne alleine sein und das Himmels-Schauspiel für uns in Ruhe und Zweisamkeit genießen dürfen.
Ich schüttle daher den Kopf und schlage statt dessen den Stübenwasen vor. Längst habe ich mich schlau gemacht und so erfahren, dass das Gros der Sternschnuppen wohl am nordöstlichen Nachthimmel zu sehen sein wird. Und vom Stübenwasen aus hätten wir sie dann – genau über dem Feldberggipfel – vor uns.
Claudia ist ebenfalls sofort begeistert von meinem Vorschlag, denn auch ihr fällt da spontan ebenfalls die tolle Aussichtsterrasse neben dem Wanderweg am Stübenwasen ein, hoch über dem Napf!
„Genau, mein Schatz..!„, bestätige ich ihr den Einfall. Von dort aus werden wir dann nämlich den gesamten Feldberg-Rücken, vom Höchsten bis zum Seebuck, unmittelbarvor uns haben. Und ich kann ihr unseren Ausblick sogar schon jetzt auf dem Computerbildschirm zeigen, denn ich habe noch Fotos davon gespeichert.
Aber wir müssen uns leider auch auf ein Unwetter vorbereiten, denn für den äußersten Südwesten sind für die Nacht einzelne Wärmegewitter vorhergesagt. So bereiten wir uns einfach auf eine Nacht im Zelt vor, für alle Fälle. Wir packen also auch die Thermorest-Matten und die Schlafsäcke, so wie genügend Tee und ein Vesper ein.
Da Claudia am Samstag noch bis abends arbeiten muss und erst um Sechs nach Hause kommt, bereite ich schon mal alles vor. Nur noch ein schnelles Abendessen, dann ziehen wir uns um und bringen unsere Rucksäcke und die Fotoausrüstung zum Auto. Und weil wir so spät dran sind (es ist bereits neunzehn Uhr), werden wir diese Tour nun ausnahmsweise auch mal abkürzen, und fahren – von Fahl aus – den geteerten Fahrweg zur Todtnauer Hütte hinauf. Dort parken wir dann auf dem ausgeschilderten Wanderparkplatz.
Die großen Rucksäcke auf dem Rücken, wandern wir von dann vom Parkplatz aus in den Sonnenuntergang hinein und Claudia ist mal wieder völlig in ihrem Element. Schnell lassen wir die Todtnauer Hütte hinter uns und passieren die Abzweigung zur St. Wilhelmer Hütte. Claudia winkt fröhlich hinüber und meint spontan:
„Sollten wir doch noch am Berg übernachten, können wir ja morgen früh bei Gabi und Baldur frühstücken gehen..!“ Sie ist schon wieder mal etwas weiter wie ich, denn bisher ist noch keine Übernachtung am Berg geplant.
Dann erreichen wir unsere Ziel am Stübenwasen und verlassen den breiten Weg nach rechts, um über schmale Pfade unsere versteckte Beobachtungs-Lounche zu erreichen.
Der Ausblick ist dann auch wieder einmal wirklich mehr, als einfach nur phantastisch: Die St. Wilhelmer Hütte, die Wetterstation und der Fernmeldeturm liegen uns nun direkt gegenüber, nur durch einen flachen Sattel getrennt. Und nach rechts zieht sich der gesamte Feldberg-Rücken bis hinüber, zum Seebuck mit dem alten Fernsehturm.
„Whow..!„, meint da dann auch Claudia. Das Einzige, was wir hier oben nun noch hören ist das beruhigende Läuten der Glocken von Baldur’s Rindern, drüben auf der Weide. Es ist phantastisch!
Da die meisten Sternschnuppen aber erst in der Nacht, zwischen ein und drei Uhr erwartet werden, bauen wir unser Zelt lieber gleich auf. Sollte vielleicht doch noch ein Unwetter kommen, oder sollten wir dann auch einfach nur zu müde sein, um noch zum Auto zurück zu kehren, wird es so wohl viel einfacher für uns werden. So drücken wir es ganz diskret in eine Ecke unserer Aussichtskanzel. Dann baue ich das Stativ mit der Kamera auf, lege den Bildausschnitt fest und stelle (manuell) scharf. Beides würde mir später in der Dunkelheit sehr schwer fallen. Und dann genießen wir nur noch die phantastische Stimmung dieser lauen Sommernacht.
Irgendwann bewegt sich aber plötzlich ein unglaublich heller Stern über uns hinweg, von West nach Ost: Es ist die ISS, die internationale Raumstation, hoch über uns. So hell haben wir die bisher noch nie gesehen..!
Diese Nacht ist wirklich phantastisch klar, denn über uns sehen wir bald die ganze Milchstraße in einer unglaublichen Pracht glühen. Und erlaubt mir bitte die Frage: Wann habt Ihr die denn zuletzt selbst gesehen..?
Wir liegen lange nebeneinander auf dem Rücken im Gras und können bald gar nicht mehr wegsehen. Dann kommen aber plötzlich die ersten, richtig großen Sternschnuppen! Kleine haben wir bereits viele gesehen, nun kommen jedoch ein paar richtig dicke Dinger über den Himmel gezogen. Sie glühen so grell auf, als seien es Leuchtkugeln! Selbst ihre Rauchfahnen sind ohne Hilfsmittel deutlich auszumachen. Diese glühen dann auch immer noch ein paar Sekunden nach, wenn die Sternschnuppen selbst bereits vergangen sind. Doch, der Aufwand hier herauf zu kommen, hat sich wirklich gelohnt!
Irgendwann bekomme ich dann von Claudia aber keine Antwort mehr. Auf dem Rücken im Gras neben mir liegend, ist sie eingeschlafen. Ich wecke sie auf, und sie meint nur:
„Bitte lass mich in den Schlafsack kriechen. Ich bin zu müde, um jetzt das Zelt noch abzubauen..!“
Klar, inzwischen ist es halb Vier und im Osten ist bereits ein heller Streifen auszumachen. So folge ich ihr und krieche kurz darauf ebenfalls in meinen Schlafsack.
Um halb acht werde ich wieder wach und wecke Claudia. Wir stehen auf und bauen das Zelt ab. Ich möchte unbedingt weg sein, bevor die ersten Wanderer hier auftauchen.
Dann ziehen wir fröhlich hinüber zur St. Wilhelmer Hütte, wo sich Gabi und Baldur mächtig freuen, uns zu sehen. So früh haben sie noch mit niemandem gerechnet.
Gemeinsam frühstücken wir und erzählen ihnen von den tollen Erlebnissen dieser phantastischen Sternschnuppen-Nacht. Und wir wissen, das werden wohl auch ganz bestimmt nicht die letzten Nachtaufnahmen gewesen sein, die wir vom Feldberg gemacht haben. Denn richtige Abenteuer kann man sich nicht kaufen, man muss sie vielmehr immer selbst gestalten! Zum Abschluss nimmt Claudia dann noch ein erfrischendes Bad im Windgfällweiher, und auch das ist hier im Hochschwarzwald kostenlos..!
Hallo Rainer,hallo Claudia
Tolle Sache mit der Sternschnuppenbeobachtung.Ich habe hier auf dem Georgenberg,bei Reutlingen, Posten bezogen gehabt und habe auch einige Sterbschnuppen sehen können.Wünsche hatte ich mir vorher schon überlegt gehabt damit sie parat sind und es dann auch klappt.Hier bei uns ist die Lichtverschmutzung durch die Nähe der Grossstadt halt doch zu merken und man sieht natürlich nicht so gut den Nachthimmel wie im Schwarzwald.Werde mir eure Idee merken und es auch mal im Schwarzwald probieren.
Liebe Grüsse Volker
Hallo Volker, der Hochschwarzwald rentiert sich auch mal für eine Sternenacht ohne „Perseiden“! Wenn es wirklich klar ist, sieht man die Milchstraße sehr schön und ein paar Sternschnuppen hat es ja immer..! LG Rainer
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